Wissen / Wasserstoff-Steckbrief
H2 als Kraftstoff
Eigenschaften
Herstellung
Reinigung
Speicherung
Betankung
H2-Motor
Vergleich
Ausblick
Ergebnisse
Literatur
Herstellung von Wasserstoff
Insgesamt werden jährlich in Deutschland ungefähr 20 Mrd. m3 Wasserstoff erzeugt, weltweit sind es etwa 500 Mrd. m3. Dies entspricht sowohl bundesweit als auch weltweit einem Anteil von jeweils 1,5 % des Energiebedarfs. Rund 40 % des momentanen Bedarfs könnte gedeckt werden, indem der Wasserstoff verwendet wird, der in der Industrie als Nebenprodukt anfällt. Zum Teil bleibt dieser Anteil jedoch völlig ungenutzt.
Ansonsten wird H2 meist direkt dort produziert, wo es auch benötigt wird. Allerdings wird lediglich 5 % der Gesamtmenge auf dem freien Markt gehandelt.
Tab. 1: Herstellungsmenge von Wasserstoff in Milliarden Nm3
| Deutschland | Welt |
Dampfreformierung von Erdgas oder Naphta | 6 | 190 |
Partielle Oxidation von Schweröl | 3 | 120 |
Petrochemie: Benzinreformierung | 2,5 | 90 |
Petrochemie: Ethylenproduktion | 3,6 | 33 |
Sonstige chemische Industrie | 0,9 | 7 |
Chlor-Alkali-Elektrolyse | 0,9 | 10 |
Kohlevergasung (Koksgas) | 2,1 | 50 |
Gesamt | 19 | 500 |
Quelle: DWV
Zur Wasserstoff-Herstellung sind viele unterschiedliche Methoden möglich (s. Tab. 1). Dies umfasst zum einen die Verwendung von fossilen Rohstoffen als Ausgangsprodukt und zum anderen die Elektrolyse, die lediglich Wasser und Strom benötigt. Alle Verfahren haben jedoch gemein, dass sie mehr oder weniger viel Energie benötigen.
Soll der Wasserstoff nach seiner Erzeugung flüssig gespeichert werden, muss er auf -254 °C (= 20 K) abgekühlt und verflüssigt werden. Heutige Verflüssigungsanlagen leisten ungefähr 10 bis 15 Tonnen Wasserstoff pro Tag. Zur Verflüssigung wird ungefähr 1/3 der im Wasserstoff gespeicherten Energie benötigt.
Elektrolyseur
Dem einen oder anderen wird
noch ein Schulversuch aus dem Chemieunterricht in Erinnerung sein:
Versuch zum Nachweis der
Elektrolyse von Johann W. Ritter, deutscher Chemiker um 1800:
Ein wassergefülltes
U-Rohr aus Glas, in jedem Schenkel eine Platin-Elektrode als Stromzuführer,
ist an eine 2-Volt-Gleichstrombatterie angeschlossen. Der Strommesser zeigt
Null. Erst wenn ein paar Tropfen Säure oder Lauge ins Wasser geträufelt
werden, fließt ein Strom - das Wasser ist zum Elektrolyt geworden,
der Ionen leitet.
Über der Pluselektrode,
der Anode, sammelt sich gasförmiger Sauerstoff, über der Minus-Elektrode,
der Kathode, gasförmiger Wasserstoff. Dieser Prozeß heißt
"Wasserelektrolyse", die Zersetzung oder Spaltung von Wasser mittels elektrischem
Strom. [Weber, 1988]
So einfach sich das auch
anhören mag, es gibt bei der Elektrolyse doch etwas mehr zu beachten
als diesen Schulversuch. Nur als Beispiel soll die Werkstofffrage angesprochen
werden.
Bei der Elektrolyse steigen
Gasbläschen von den Elektroden auf und erhöhen damit den elektrischen
Widerstand des Elektrolyten. Dort, wo sie an den Elektroden entstehen,
spielen sich komplizierte elektrochemische Vorgänge ab, die den Innenwiderstand
der Elektroden vergrößern. Widerstand bedeutet Stromverlust
und Erwärmung. Dies wiederum bedeutet Einbußen beim Wirkungsgrad.
Zur Reduzierung der Verluste gibt es die Möglichkeiten, die Betriebstemperaturen
auf über 80 °C zu erhöhen oder Elektroden aus edlen Metallen
oder größere Elektroden-Oberflächen zu verwenden. Aber
jede dieser Maßnahmen zieht eine Reihe neuer Probleme nach sich.
Erhöht man z.B. die Betriebstemperatur, wird auch die Säure oder
Lauge immer aggressiver gegenüber den Elektroden und kann deren Standzeit
wesentlich verkürzen. [Weber, 1988]
Mittlerweile sind in der
Technik enorme Fortschritte gemacht worden, was die Materialienforschung
angeht, ohne dass es zu schnellem Materialversagen kommt.
Mit der Elektrolyse ist
es also möglich, das Molekül H2O in seine Bestandteile aufzuspalten.
Dies ist jedoch nur ein Verfahren zur Wasserstoffherstellung. Es gibt weitere
Methoden, die hier nur kurz aufgelistet werden sollen.
Dampfreformer
Ein großtechnischer Dampfreformer (Steamreformer), wie er beispielsweise bei der Firma Linde zum Einsatz kommt, verfügt über
eine Nennkapazität von bis zu 50.000 Normkubikmetern (Nm3) Reinwasserstoff
pro Stunde und beliefert über ein Rohrleitungsnetz (100 km) Großkunden
in der Region Leuna/Bitterfeld. Ein Teil des Wasserstoffs wird in einer
nachgeschalteten Prozeßstufe auf eine Qualität von 99,999 % gereinigt,
verdichtet (mit bis zu 200 bar) und als Reinstwasserstoff per Trailer zu
Kunden in ganz Deutschland geliefert. Mit 820 Lieferstellen verfügt
die Firma somit über das dichteste Netz aller Gasanbieter. Dieses
Verfahren deckt allein rund 60 % der Wasserstoffproduktion in Deutschland.
Im Dampfreformer wird aus Erdgas und Wasserdampf in einem Reaktor bei
hohen Temperaturen zunächst Wasserstoff, Kohlenmonoxid und -dioxid
erzeugt und in einem zweiten Prozeßschritt der Kohlenmonoxid-Anteil
mit Dampf zu Kohlendioxid und Wasserstoff konvertiert. Schließlich
wird das Produkt in einer Druckwechseladsorption von störenden Bestandteilen
gereinigt.
Autothermer Reformer
Anstelle von Erdgas eignet sich auch Methanol zur Herstellung von Wasserstoff,
da Methanol ebenfalls aus einem sehr hohen Anteil von Wasserstoffmolekülen
besteht.
Wie bereits ober erwähnt, stehen grundsätzlich die beiden
Verfahren der Dampfreformierung (unter Wärmezufuhr) sowie der partiellen
Oxidation (unter Wärmefreisetzung) zur Verfügung, um Wasserstoff
auch aus Methanol freizusetzen.
Anfang des Jahres 1998 gelang es am Paul-Scherrer-Institut durch eine
geeignete Kombination der beiden Verfahren in einem "autothermen Reformer",
die energetische Ausbeute (ausgedrückt z. B. durch den Heizwert des
produzierten Wasserstoffs) wesentlich zu steigern. Die Wasserstoff-Produktionsrate
(16 000 Liter pro Stunde und pro Liter des Reaktorvolumens) übertrifft
den besten publizierten Wert um einen Drittel. Wenn es gelingt, auch die
erforderlichen Zusatzaggregate klein zu halten, kann eine wesentliche Forderung
erfüllt werden, die zur Zeit noch die Hersteller von mobile Brennstoffzellen
beschäftigt:
Der Methanolreformer sollte weniger Gewicht und Volumen aufweisen als
das Brennstoffzellenaggregat, das die Leistung erzeugt (s. Brennstoffzelle).
Kvaerner-Verfahren
Dies ist die CO2-freie Erzeugung von Wasserstoff und Aktivkohle aus
Erdgas oder Schweröl und Strom. Seit Anfang der achtziger Jahre entwickelt
die KVAERNER ENGINEERING S.A. aus Norwegen einen sogenannten Plasmabogenprozeß,
der Kohlenwasserstoffe bei ca. 1600 °C in Reinstkohle und Wasserstoff
trennt. Zu diesem Prozeß, bei dem selbst keine nennenswerten Emissionen
auftreten, sind neben dem Primärenergieträger (Erdgas, Öl)
Kühlwasser und Elektrizität notwendig. Eine seit April 1992 arbeitende
Pilotanlage stellt aus 1000 Nm3/h Erdgas und 2100 kWe Leistung etwa 500
kg/h Reinstkohle (Aktivkohle) und 2000 Nm3/h Wasserstoff her. Als weiteres
Nebenprodukt wird Heißdampf mit einer Leistung von etwa 1000 kW erzeugt.
Unter Berücksichtigung aller potentiell verwertbaren Produkte arbeitet
die Anlage mit fast 100 % Wirkungsgrad, wovon etwa 48 % im Wasserstoff, etwa
10 % im Heißdampf und die restlichen 40 % in der Aktivkohle enthalten
sind.
Hochleistungs-Elektrolyseur
Wie bereits erwähnt ist die Elektrolyse nichts anderes, als die
Aufspaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff. Demnach ist ein Elektrolyseur
ein Aggregat, in dem diese Reaktion stattfindet.
Die GHW (Gesellschaft für Hochleistungs-Elektrolyseure zur Wasserstofferzeugung
mbH), die 1988 von der Motoren- und Turbinen-Union Friedrichshafen (mtu-Friedrichshafen)
mit einem Anteil von 40 %, von Linde (40 %) und den Hamburgische Electricitäts-Werken
HEW (20 %) gegründet wurde, verfolgt folgende Idee:
Elektrische Energie aus Wind und Sonne, Wasserkraft oder konventionellen
Systemen
Þ Umwandlung im Elektrolyseur
Þ Erzeugung von Wasserstoff für
Brennstoffzellen, industrielle Prozesse, Verkehrsanwendungen
Damit Wasserstoff in der mobilen Anwendung überall benutzt werden
kann, ist eine flächendeckende Wasserstoffversorgung notwendig, z.B.
durch Tankstellenelektrolyseure.
Bis heute muß Wasserstoff - egal ob in gasförmiger oder
flüssiger Form - häufig über lange Strecken transportiert
werden. Die Verflüssigung bzw. die Hochdruckverdichtung ist teilweise
aufwendiger, als der Aufwand zur Herstellung der Gase selbst.
mtu-Friedrichshafen:
"Mit einem Hochleistungs-Elektrolyseur, der vor Ort bedarfsabhängig
betrieben wird, kann ein Großverbraucher problemlos seinen Bedarf
an Wasserstoff und Sauerstoff selbst decken. Diese Versorgungsautakie ist
in vielen Fällen wirtschaftlicher als die Versorgung über die
Straße."
Vorteile:
· hohe Versorgungssicherheit
· niedrige Kosten
· Entlastung des Straßenverkehrs
· Kein Transportrisiko
· schnell regelbar
· hohe Gasreinheit
Der Hochleistungs-Elektrolyseur arbeitet zum Einen als Speicher und
zum Anderen als Wandler. Elektrolytisch wird Wasser in Wasserstoff und
Sauerstoff umgewandelt und in beiden Gasen bis zur Rückverstromung
gespeichert. Wasserstoff ist selbst für große Mengen elektrischer
Energie ein idealer Speicher. Die Rückverstromung kann mit sehr hohem
Wirkungsgrad in Brennstoffzellen oder wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen
geschehen.
Der Betriebsdruck in diesem Aggregat liegt bei 30 bar. Bei Nennlast
ist ein Wirkungsgrad von 80 %, bei 20 % Last ein Wirkungsgrad von 90 % möglich.
Der MTU-Elektrolyseur wird bereits an der Tankstelle am Flughafen München
seit dem Sommer 1998 eingesetzt.
Biochemische Herstellung
Bakterien und auch Grünalgen produzieren unter bestimmten Bedingungen
Wasserstoff. Purpurbakterien der Art Rhodospirillum rubrum beispielsweise
können pro Kilogramm Biomasse täglich bis zu drei Kubikmeter
Wasserstoff erzeugen.
"Was in manchen Waldseen an die Oberfläche steigt, sind nicht
nur Methan-, sondern auch Wasserstoffblase"', sagt Sabine Tramm-Werner,
Biotechnologin an der Rheinisch-Westfälischen Hochschule (RWTH) Aachen.
Die Purpurbakterien leben in den tieferen Schichten der Seen und verarbeiten
mit Hilfe des Sonnenlichts die organischen Substanzen, die zu ihnen hinunterschweben.
"Wenn sie zuviel Nahrung bekommen und zugleich unter Stickstoffmangel leiden,
geben sie Wasserstoff ab, um das Innere ihrer Zellen im sicheren chemischen
Gleichgewicht zu halten", erklärt Tramm-Werner.
"Unsere Arbeitsgruppe aus Bio- und Verfahrenstechnikern will binnen
eines Jahres im Freilandversuch eine kontinuierliche und energieautake
Wasserstoffproduktion erreichen - und das mit einer Mindestmenge von stündlich
zwei Litern Wasserstoff pro Quadratmeter Kollektorfläche" steckt Tramm-Werner
das Ziel ab. Ein Vorteil von diesem Konzept gegenüber der Wasserstofferzeugung
über Solarzellen ist, daß keinerlei komplizierten und teuren
Elektrolyse-Apparaturen nötig sind. Einen Weg, Wasserstoff in Zukunft
biochemisch billiger aus Traubenzucker zu gewinnen, zeigen Jonathan Woodward
und seine Kollegen vom Oak Ridge National Laboratory.
Der Trick der amerikanischen Wissenschaftler ist, daß sie eine
bereits bekannte Methode vereinfachen, Wasserstoff von Bakterien erzeugen
zu lassen. So bedienen sie sich nicht mehr der Mikroorganismen, sondern
nur noch deren Enzyme. Diese beschleunigen biochemische Reaktionen milliardenfach.
Die Forscher nutzen zunächst einen solchen Biokatalysator, um Traubenzucker
in Glukonsäure zu überführen. Dabei wird Wasserstoff frei,
wonach das Hilfsmolekül erneut Wasserstoff vom Traubenzucker aufnehmen
kann.
Die Enzyme stammen aus Archaebakterien, die in glimmenden Kohlehalden
oder Tiefseevulkanen vorkommen. Sie arbeiten bei 60 °C, einer Temperatur,
bei der die Reaktionen schnell ablaufen und sich keine schmarotzenden Bakterien
in der Traubenzuckerlösung breitmachen. Weiter verbessern wollen die
Forscher ihr Verfahren, indem sie ein drittes Enzym mit einbeziehen. [New
Scientist, 1996]
Diese Informationen stammen aus den Jahren 1998/1999. Aktuellere Daten finden Sie in dem Buch Wasserstoff und Brennstoffzellen von Sven Geitmann.
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